Kündigung rechtswirksam zugestellt? Auslieferungsbeleg der Post ist erforderlich

LAG Baden-Württemberg 12.12.2023, Az. 15 Sa 20/23
Kündigung rechtswirksam zugestellt? Auslieferungsbeleg der Post ist erforderlich
Die wirksame und nachweisbare Zustellung einer Kündigung stellt den Arbeitgeber in der Praxis häufig vor Probleme, denn bei der Zustellung einer Kündigung per Post ist es wichtig, alle daran gestellten formalen Anforderungen zu beachten und zu erfüllen. Sollte es hier zu Fehlern kommen, muss erneut eine Kündigung ausgesprochen werden, was aber auch bedeutet, dass die Kündigungsfrist neu anläuft und der Arbeitgeber weiterhin zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.
Was die Anforderungen an eine rechtswirksame Kündigung im konkreten Fall sind, ist für den Arbeitgeber jedoch nicht immer ersichtlich und gestaltet sich oft schwierig. Aus diesem Grund ist es in solchen Fällen unabdingbar, einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren und sich beraten zu lassen.
Zum Fall:
Die Arbeitnehmerin erhielt mehrere – zum Teil hilfsweise ausgesprochene – Kündigungen und wandte sich gegen diese mit einer Kündigungsschutzklage.
Eine dieser Kündigungen mit Datum 26.07.2022 sei der Klägerin nach Behauptung des Beklagten per Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post am 28.07.2022 zugegangen. Ausweislich des Sendungsstatus nach der für die Kündigung vergebenen Sendungsnummer sei diese der Klägerin am 28.07.2022 zugestellt worden. Der Beklagte legte den Einlieferungsbeleg der Deutschen Post vor, jedoch nicht die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vom 28.07.2022. Die Deutsche Post konnte die Reproduktion des Auslieferungsbelegs nicht mehr erstellen. Der Beklagte benannte den zustellungsbeauftragten Mitarbeiter der Deutschen Post auch nicht als Zeugen. Er behauptete, der Einlieferungsbeleg und der Sendungsstatus seien ausreichender Beweis für die erfolgreiche Zustellung.
Die Klägerin setzte dem entgegen, dass die Kündigung ihr nie zugegangen war. Das Gericht erster Instanz gab der Klage nur zum Teil statt und ging von einer Wirksamkeit der Kündigung vom 26.07.2022 aus. Das Berufungsgericht jedoch gab der Klage statt und stellte fest, dass die Kündigung vom 26.07.2022 das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendete.
Entscheidungsgründe des Gerichts:
Grundsätzlich muss derjenige, der sich vor Gericht auf eine Tatsache beruft, diese auch darlegen und beweisen. Dies gilt auch für den Zugang von Kündigungen im Arbeitsrecht.
Wenn der Zugang der Kündigung streitig ist und sich der darlegungs- und beweisbelastete Arbeitgeber auf einen Zugang per Einwurf-Einschreiben beruft, sind der Einlieferungsbeleg der Post und dessen Sendungsstatus als Beweise nicht dafür ausreichend, den ersten Anschein für den Zugang der Kündigung zu begründen. Lediglich die Reproduktion des Auslieferungsbelegs stellt den erforderlichen Nachweis für die erfolgte Zustellung dar, da dieser – im Gegensatz zur Sendungsverfolgung – die konkrete Unterschrift des Postzustellers als individuelle Gewährsperson erkennen lässt. Ist die Reproduktion des Auslieferungsbelegs durch die Deutsche Post nicht mehr ausstellbar, fällt dies in die Risikosphäre des Arbeitgebers. Da der Beklagte die Reproduktion des Auslieferungsbelegs nicht vorlegen konnte und die Zustellung durch einen Zeugen nicht belegt werde konnte, lagen dem Gericht lediglich der Einlieferungsbeleg und der Sendungsstatus als Beweise vor. Das Gericht erachtete diese vom Beklagten vorgelegten Beweismittel als nicht ausreichend zum Nachweis dafür, dass der Klägerin die Kündigung zugestellt wurde.
Unser Rat an Sie:
Wie Sie hier sehen konnten, ist die Zustellung des Kündigungsschreibens für die Wirksamkeit von sehr großer Bedeutung. Hier sind die formalen Anforderungen zu beachten und exakt einzuhalten. Die Konsequenzen können für den Arbeitgeber verheerend sein, denn ohne die wirksam zugegangene Kündigung muss eine solche neuerlich ausgesprochen werden, was die Kündigungsfristen erneut in Gang setzt.
Wenn Sie als Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen wollen, kontaktieren Sie einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt und lassen Sie sich beraten, um die Kündigung rechtswirksam und nachweisbar auszusprechen. Denn Sie als Arbeitgeber müssen den Zugang der Kündigung und damit auch die Einhaltung der an die Zustellung per Post gestellten formellen Anforderungen beweisen. Wir raten Ihnen in einem solchen Fall davon ab, die Kündigung auf irgendeine Weise zuzustellen und darauf zu hoffen, dass „es schon gutgehen werde“. Denn eine von Ihnen ausgesprochene Kündigung stellt für Ihren Arbeitnehmer meist eine besonders schwere und belastende Situation dar und wird von ihm nicht ohne Widerstand hingenommen werden. Sie müssen bei fehlender Nachweisbarkeit des Zugangs damit rechnen, dass der Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung vor dem Arbeitsgericht in jedem Falle bestreiten wird. Eine zu schnell ausgesprochene und nicht ordnungsgemäß zugestellte Kündigung wirft für den Arbeitgeber mehr Probleme auf, als sie lösen sollte. Zögern Sie also nicht, in einem solchen Fall umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu kontaktieren. Dieser kann Sie beim Ausspruch und der Zustellung einer Kündigung, die sowohl schnell als auch sorgfältig überlegt erfolgen sollte, beraten.
Als Fachanwältin für Arbeitsrecht bin ich mir bewusst, dass es beim Ausspruch einer Kündigung auch einmal schnell gehen muss, weshalb wir Ihnen umgehend telefonisch und persönlich beratend zur Seite stehen.
Aber auch für Sie als Arbeitnehmer ist eine fachanwaltliche Beratung im Fall einer Ihnen zugestellten Kündigung unerlässlich. Zum einen wird ein Fachanwalt für Arbeitsrecht die Kündigung in einem ersten Schritt auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen und insbesondere formale Fehler der Kündigung und der Zustellung der Kündigung feststellen und entsprechend angreifen.
Zum anderen kann er Sie in einem zweiten Schritt auf die sich dadurch ergebenden gerichtlichen und außergerichtlichen Möglichkeiten hinweisen, gegen die Kündigung vorzugehen, und wird Sie dabei sowohl beraten als auch vertreten. So kommt vor allem die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht in Betracht, wofür Sie lediglich drei Wochen Zeit haben. Daher sollten Sie den Erhalt einer Kündigung ernst nehmen und umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren, der mit Ihnen zusammen schnell handeln kann. Sie wollen eine Kündigung aussprechen oder haben eine Kündigung erhalten? Handeln Sie schnell und vereinbaren Sie ein Beratungsgespräch mit uns.
Carina Helmberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin
Ulrike Böhm-Rößler, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin für Arbeitsrecht
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