Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung: Überhöhte Vergütung

- Wann ist eine außerordentlich ausgesprochene Kündigung wirksam?
- Darf der Arbeitgeber alleine aufgrund einer „überhöhten“ Vergütung kündigen?
- Wie kann gegen eine außerordentliche Kündigung vorgegangen werden?
Ob im Privatleben oder in der Arbeitswelt, wo Menschen aufeinandertreffen, kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten, insbesondere wenn das liebe Geld ins Spiel kommt. Während man sich als Arbeitnehmer häufig unterlegen fühlt und dazu neigt, Meinungsverschiedenheiten einfach hinzunehmen und den Unmut herunterzuschlucken, kommt es oftmals vor, dass der Arbeitgeber seinem Ärger kurzerhand mit einer Kündigung Luft macht. Doch darf er das? Wir sind Ihnen gerne dabei behilflich, diese Frage zu klären. Sie sind den Launen Ihres Arbeitgebers also nicht schutzlos ausgeliefert, im Gegenteil: Ihnen stehen als Arbeitnehmer zahlreiche Vorschriften zur Seite, an die sich Ihr Arbeitgeber zu halten hat. In den meisten Fällen handelt der Arbeitgeber vorschnell, so dass sich Rechtsfehler in die Kündigung einschleichen, welche zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können. Gerne überprüfen wir ausgesprochene Kündigungen auf Rechtsfehler, seien es formelle oder materielle Fehler und helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen.
Das Arbeitsgericht Hamm entschied am 17.12.2020, Az. 1 Ca 330/20, über eine außerordentliche Kündigung. Das Besondere an diesem Fall war der Grund für die außerordentliche Kündigung, nämlich eine überhöhte Vergütung. Wir möchten dieses Urteil zum Anlass nehmen, die Voraussetzungen der außerordentlichen / ordentlichen Kündigung zu durchleuchten im Hinblick auf eine Rechtfertigung der Kündigung.
Sachverhalt
Der Kläger war seit dem Jahr 2008 bei der Beklagten als Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktsetzung Gefäßchirurgie beschäftigt. Sein ursprünglicher Arbeitsvertrag wies eine monatliche Grundvergütung in Höhe von € 2.112,50 zuzüglich Bonuszahlungen aus. Im Jahr 2014 wurde ein weiterer Arbeitsvertrag geschlossen, in welchem die monatliche Vergütung dann auf € 11.500 erhöht worden ist zuzüglich einer Bonuszahlung. Zuletzt wurde im Rahmen eines Änderungsvertrages im Jahr 2017 der monatliche Verdienst auf € 9.166 herabgesetzt. Im Dezember 2019 kam es zu einem Wechsel in der Geschäftsführung der Beklagten und es wurden mit diversen Ärzten Verträge zur sofortigen Auflösung ihrer Arbeitsverträge abgeschlossen. Der Kläger weigerte sich, einen solchen Aufhebungsvertrag abzuschließen, woraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung beenden wollte. Begründet wurde die außerordentliche Kündigung mit einer überhöhten und nicht angemessenen Vergütung des Klägers. Man gab an, es bestehe der Eindruck, dass den Gehaltszahlungen keine entsprechende Gegenleistung gegenübergestanden habe. Gegen diese Kündigung ging der Kläger im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor.
Entscheidung
Der Kläger hatte mit seiner Klage Erfolg.
Hinsichtlich der Kündigung stellte das Gericht klar, dass eine außerordentliche Kündigung nur dann gerechtfertigt ist, wenn auch ein Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Wann ein wichtiger Grund anzunehmen ist, entscheidet sich aber immer nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Dies ist dann anzunehmen, wenn es dem Arbeitgeber jedenfalls unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien unzumutbar ist, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist an dem Arbeitsverhältnis weiter festzuhalten. Da dem Kläger keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden konnte, bestätigte das Arbeitsgericht auch, dass ein wichtiger Kündigungsgrund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorlag.
Grundsätzlich ist die Prüfung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, in zwei Stufen vorzunehmen: So ist zunächst zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Sodann ist in zweiter Stufe zu prüfen, ob anhand einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht. Im vorliegenden Fall scheiterte die Beklagte bereits daran, dass kein Grund vorlag, der an sich geeignet gewesen wäre, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der Kläger hat sich keinerlei Fehlverhalten zuschulden kommen lassen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts gemäß § 106 GewO die konkret zu verrichtenden Tätigkeiten des Arbeitsverhältnisses festlegen kann. Soweit also der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer entsprechende Tätigkeiten zuweisen möchte oder ihn entsprechend einteilen möchte, kann er dies im Rahmen seines Direktionsrechts tun. Dies stellt ein milderes Mittel zur Kündigung dar und muss deshalb vorrangig auch ausgeübt werden.
Weiter hat die Beklagte vorliegend nur vorgetragen, dass die bezahlte Vergütung zu hoch war. Hierzu hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag und die beiden Änderungsverträge vonseiten der Beklagten unterbreitet worden sind. Es fanden keine großen Verhandlungen diesbezüglich statt. Der Kläger hat also im Rahmen der Vertragsabschlüsse nicht in irgendeiner Weise auf die Beklagte eingewirkt, um einen unangemessenen, ihn bevorzugenden Vertrag zu erhalten. Es wurde lediglich das Angebot der Beklagten angenommen. Es kann nicht angehen, dass dann Jahre später die Beklagte bemerkt, dass ihre Ausgaben zu hoch sind und sie ihr eigenes Fehlverhalten dann mittels Kündigungen korrigieren mag.
Da die außerordentliche Kündigung bereits daran scheiterte, dass keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vonseiten des Klägers vorliegt, war auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht als sozial gerechtfertigt gem. § 1 KSchG anzusehen.
Der Arbeitgeber hätte als weiteres, milderes Mittel den Ausspruch einer Änderungskündigung in Erwägung ziehen müssen.
Fazit
Wie Sie sehen, muss eine ausgesprochene Kündigung, sei sie außerordentlich oder ordentlich, immer Hand und Fuß haben. Wie vorliegend, ist erst einmal zu prüfen, ob der vom Arbeitgeber vorgetragene Kündigungsgrund auch wirklich einen Kündigungsgrund darstellt.
Insbesondere eine außerordentlich ausgesprochene Kündigung muss von Ihrem Arbeitgeber nachvollziehbar begründet werden. Leider gehen immer wieder Arbeitnehmer nicht gegen Kündigungen vor, da man annimmt, der Arbeitgeber wird das schon richtig gemacht haben. Lassen Sie sich also in jedem Falle zu einer ausgesprochenen Kündigung beraten. Die meisten Kündigungen scheitern an formellen wie auch an materiellen Fehlern.
Was aber häufig übersehen wird, ist die Frist zur Erhebung einer sog. Kündigungsschutzklage. Sollte man nämlich innerhalb von drei Wochen ab Kenntnis von der Kündigung nicht hiergegen vorgehen, wird die Kündigung wirksam und dies unabhängig davon, wie viele Fehler der Arbeitgeber begangen hat. Hätte also im vorliegenden Fall der Kläger nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist seine Rechte geltend gemacht, wäre diese Kündigung wirksam geworden. Er hätte seinen Arbeitsplatz verloren und dies mit sofortiger Wirkung.
Sollten Sie also Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigung haben oder befürchten, dass Ihre Kündigung bevorstehen könnte, zögern Sie nicht, uns um Rat zu fragen. Auch im Rahmen vorgelegter Aufhebungsverträge beraten wir Sie gerne. Hier gibt es sehr viele Punkte zu beachten, um Sperrfristen etc. zu vermeiden.
Elisa-Marie Semrau, Studentische Hilfskraft
Ulrike Böhm-Rößler, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
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